Einsam & Gesellig


Dauerausstellung

 

EINSAM & GESELLIG

Brahms' Schaffensprozess und Besuche seiner Freunde

 

Mürzzuschlag, Brahms-Museum

Brahms-Wohnung 1. Stock

 
A-8680 Mürzzuschlag am Semmering, Wiener Straße 4

ÖFFNUNGSZEITEN:
1. Oktober bis 30. Mai Fr-So, 10-12, 14-17 Uhr
1. Juni bis 30. September Mi-So, 10-12, 14-17 Uhr
24.-26. Dezember geschlossen
31. Dezember & 1. Jänner geschlossen
 
 
 

Hauskonzert von Johannes Brahms und Marie Soldat

 
 
Johannes Brahms wohnte während seiner beiden Sommeraufenthalte 1884 und 1885 in der jetzt wieder zugänglichen Wohnung des Sulkowskischen Hauses, zu der u.a. dieses große Wohnzimmer mit Erker gehörte. Hier befand sich der von Ludwig Bösendorfer dem Komponisten aus Wien gelieferte Flügel, hier sind nicht nur etliche Lieder und Vokalwerke, sondern vor allem auch die Vierte Symphonie entstanden. Die Geigerin Marie Soldat, die am 8. März 1885 den Solopart des Brahms’schen Violinkonzertes op. 77 in einem Gesellschaftskonzert im Großen Musikvereinssaal zur großen Begeisterung
des Komponisten gespielt hatte, besuchte im August dieses Jahres ihre in Mürzzuschlag auf Sommerfrische weilende Freundin Maria Fellinger. Im Zuge dieses Aufenthaltes kam es am Sonntag, dem 23. August, hier in diesem Wohn-, gleichzeitig aber auch Musik- und Arbeitszimmer von Brahms zu einerwohl einzigartigen musikalischen Sternstunde: Johannes Brahms begleitete am Klavier die damals erst 22jährige Marie Soldat bei der Interpretation seines in Wien mit großem Erfolg aufgeführten Violinkonzertes. Bei diesem privaten Musizieren waren nur ganz wenige Zuhörer, darunter das Ehepaar Fellinger, anwesend, auf deren Bitte anschließend noch die Rhapsodie in g-Moll und drei der Ungarischen Tänze von Brahms gespielt wurden.

Kuratorin: Prof. Dr. Ingrid Fuchs



 

Johannes Brahms komponiert

 

Johannes Brahms hat im Wesentlichen im Sommer, während der stets mehrmonatigen Sommerfrische, komponiert. Im Winterhalbjahr war er als Pianist und Dirigent tätig, viel auf Reisen und allenfalls nur insofern Komponist, als er neue Ideen notierte, um sie in Ruhe im Sommer auszuarbeiten, an weitgehend abgeschlossene Kompositionsarbeiten letzte Hand anlegte oder davon Reinschriften anfertigte und er sich allen im Zusammenhang mit der Publikation seiner Werke stehenden Arbeiten widmete, von der Autorisierung der Druckvorlage bis zur Beschäftigung mit den Druckfahnen. Natürlich gab es von diesem Arbeitsrhythmus Ausnahmen, aber in der Regel brachte die Ruhe des Sommeraufenthalts neue schöpferische Impulse. Der Schaffensprozess ist bei jedem Komponisten anders. Bei Brahms war er relativ lang und kompliziert. Selbstzweifel und Selbstkritik haben ihn Kompositionsprojekte vor ihrer definitiven Ausführung lange überdenken und sogar bereits komplett niedergeschriebene Werke nach eingehender Prüfung auch wieder vernichten lassen. Aber selbst solche Werke, die er schließlich für Wert hielt, daß sie an die Öffentlichkeit gelangen, hat er in Etappen überdacht und verbessert. Diese Etappen – Festhalten von Einfällen, Skizze, Entwurf, Ausarbeitung, Druckvorlage, Publikation – werden hier vorgestellt und beschrieben.

Kurator: Prof. Dr. Dr.h.c. Otto Biba
 


 

Brahms’ Freunde zu Besuch in Mürzzuschlag

 
 
Johannes Brahms schätzte an seiner Sommerfrische Mürzzuschlagbesonders die relativ geringe Entfernung zu Wien, und zwar einerseits, weil er selbst die Hauptstadt mit der Bahn auch zwischendurch gut erreichen konnte, andererseits, weil seine Freunde und Bekannten von auswärts die Möglichkeit hatten, ihn auf einfache Weise zu besuchen. Gerne unternahmen diese einen Tagesausflug nach Mürzzuschlag, vor allem auch, weil sie – wie Brahms – die Fahrt über den landschaftlich reizvollen Semmering sehr genossen: Eusebius Mandyczewski, Max Kalbeck, Fritz Simrock, Josef Gänsbacher, Friedrich Epstein, Anton  Door, Theodor Billroth, Eduard Hanslick, Max Friedländer und etliche andere, darunter etwa Marie Rückert, trafen sich hier mit Brahms zum Gedankenaustausch und zu Spaziergängen, aber auch zu kulinarischen Genüssen im renommierten Restaurant des Bahnhofs. Dass 1885 die befreundete Familie Fellinger fast den ganzen Sommer in Mürzzuschlag verbrachte, war Brahms sehr angenehm, konnte er doch jederzeit mit Maria Fellinger, ihrem Mann und deren Söhnen zu gemütlichen Gesprächen und gemeinsamen Unternehmungen zusammenkommen. Als die Geigerin Marie Soldat im August 1885 einige Tage bei Fellingers zu Gast war, kam es zu jenem denkwürdigen gemeinsamen Musizieren mit Brahms, dem in Raum 1 ein eigener Bereich gewidmet ist.

Kuratorin: Prof. Dr. Ingrid Fuchs